Hedwig Heyl wurde als Tochter von Eduard Crüsemann, dem Mitbegründer des Norddeutschen Lloyd in Bremen geboren und wuchs dort in großbürgerlichen Verhältnissen auf. Im Alter von 18 Jahren heiratete sie den Fabrikanten Georg Heyl, mit dem sie 1869 nach Berlin zog. Hedwig Heyl war lange Zeit vor allem als bürgerliche Frauenrechtlerin bekannt. So gründete sie den "Berliner Verein für Volkserziehung" und das "Pestalozzi-Fröbel-Haus" in Berlin-Schöneberg, in dem 1884 eine Koch- und Haushaltschule für Mädchen entstand. Nach dem Tod ihres Mannes 1889 übernahm Hedwig Heyl die Leitung der Firma ihres Mannes, engagierte sich jedoch weiterhin für die Betreuung gesellschaftlich benachteiligter junger Frauen und Kinder. Später zählte sie zu den Gründungsmitgliedern zahlreicher Wohlfahrtsorganisationen, darunter auch dem "Deutschen Hausfrauen-Bund" und entwickelte sich zu einer der führenden Frauenrechtlerinnen im Kaiserreich.
In der Person von Hedwig Heyl zeigt sich aber auch, inwiefern sich sozialpolitisches Engagement und ein Einsatz für den deutschen Kolonialismus nicht ausschlossen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bestand Heyls neue Mission im Eintreten für die sogenannte "Rassenhygiene" in den deutschen Kolonien. Dies zeugt von ihrem zutiefst rassistischen Weltbild, das ihr Denken durchdrang und damit auch ihre politische Arbeit bestimmte. 1907 war sie Mitbegründerin des "Deutsch-Kolonialen Frauenbundes", der es sich zur Aufgabe machte, deutsche Frauen "an der inneren Deutschwerdung unseres Hauptsiedlungslandes Südwestafrika" maßgeblich zu beteiligen. Von 1910 bis 1920 stand sie dem Bund vor und verhalf ihm zu gesteigerter Bedeutung. Die Ziele des Kolonialen Frauenbundes bestanden unter anderem darin, "Mischehen" innerhalb der deutschen Kolonialelite zu verhindern. Stattdessen sollten sich deutsche Familien vor allem in Deutsch-Südwest niederlassen, um die koloniale Herrschaft zu verfestigen. Den deutschen Männern in Deutsch-Südwest warf Heyl vor, nicht über das richtige "Rassenbewußtsein" zu verfügen und bezeichnete es deshalb als ihre wichtigste Aufgabe, "Frauen für die Kolonisten auszusuchen, Siedlungen durch Ehen zu befestigen und überhaupt geeignetes Mädchenmaterial zu verschicken". So zahlte der Kolonialdeutsche Frauenbund jungen Frauen die Schiffspassage nach Südwest-Afrika. Vor Ort gründete der Frauenbund eine Hauswirtschaftsschule und ein Jugendheim mit angeschlossenem Kindergarten, - entsprechend dem Kolonialrassismus war dieser ausschließlich für weiße Kinder gedacht. Auch nach dem Ersten Weltkrieg und dem Ende des deutschen Kolonialregimes bestand der Frauenbund weiter, um den "kolonialen Gedanken" wach zu halten, und er wurde bald zu einem wichtigen Faktor für den sich ausbreitenden Kolonialrevisionismus. Entsprechend unterzeichnete Heyl Proteste gegen den "Raub der Kolonien", sowie eine angebliche "Koloniale Schuldlüge", und propagierte ihre Überzeugung vom "endlichen Sieg des deutschen Wesens". Von Teilen der Bremer Politik und Wirtschaft wurde sie für ihre Aussagen und ihr nicht nachlassendes koloniales Engagement gefeiert und geehrt.
Es verwundert daher auch nicht, dass sie sich bereits zu Beginn der 1930er Jahre begeistert über Adolf Hitler geäußert hat, den sie "einen wirklich edlen Mann" nannte. Als überzeugte völkische Rassistin schrieb sie nach dem Machtantritt der Nazis: "Denn die Frage der Zukunft ist: Weiß oder schwarz." Die nationalsozialistische Zukunft erlebte Hedwig Heyl jedoch nicht mehr - sie starb ein Jahr nach der Machtübernahme.
Text: Dr. Hanno Balz, Historiker, in Abstimmung mit der Landeszentrale für politische Bildung und dem Senator für Kultur