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Togostraße/Togoplatz

Nachdem Togo, an der Küste Westafrikas gelegen, am 5. Juli 1884 zum deutschen "Schutzgebiet" erklärt wurde, galt es in Deutschland als "Musterkolonie" in Afrika. Schließlich war Togo im Laufe der nur etwa 30 Jahre währenden Herrschaft die einzige für Deutschland finanziell profitable Kolonie, wenn auch hier für die Gesamtwirtschaft kaum nennenswerte Profite erwirtschaftet wurden.

Vor allem Bremer Handelsniederlassungen, wie die Firma Friedrich M. Vietor, exportierten zunächst hauptsächlich Alkohol in die Küstenregion und so hieß es noch 1959 im Bremer Straßenverzeichnis, dass es sich bei Togo um eine Kolonie handelte, "an dessen Erschließung Bremer Firmen führend beteiligt waren". Da in den französischen und britischen Nachbarkolonien Alkohol mit hohen Zöllen belegt war, entwickelte sich ein reger Schwarzhandel von der Hauptstadt Lomé in die umliegenden Regionen. An der Küste hatten bald deutsche Händler Branntwein- und Petroleumfaktoreien errichtet, um den Handel in die größeren Absatzgebiete umfassend ausschöpfen zu können. Als Hauptexportgut wurde das begehrte Palmöl nach Deutschland verschifft. Schon in den Jahrhunderten vor der deutschen Inbesitznahme, hatte sich ein lebhafter Handel an Togos Küste etabliert, der weitgehend von den Chiefs der Ewe-Bevölkerung kontrolliert wurde. Auch während der Kolonialzeit waren die deutschen Handelsstationen auf Verbindungen zu den selbstbewussten lokalen Herrschern angewiesen, denn bis 1914 lebten in der Kolonie nicht mehr als 350 deutsche Beamte, Missionare, Händler oder Mediziner und Medizinerinnen zur gleichen Zeit. Um jedoch nicht weiter auf die lokalen Handelsstrukturen angewiesen zu sein, wurde in den Folgejahren versucht, auch über Zwang, in Togo eine Plantagenwirtschaft wie in Kamerun aufzubauen. Doch all diese wirtschaftlichen Experimente waren letztlich zum Scheitern verurteilt, denn sie waren ausschließlich auf deutsche Interessen ausgerichtet und von kolonialer Arroganz geprägt. Dennoch richteten sie teilweise erheblichen Schaden an, zielte die umfassende Umstellung auf Plantagenwirtschaft letztlich doch darauf ab, die bestehenden wirtschaftlichen Strukturen des Landes zu ersetzen. In ähnlicher Weise wurden auch die traditionellen Sozialstrukturen der Ewe, vor allem durch die protestantischen Missionen, bedroht und zum Teil zerstört.

Die weitgehende Integration der Oberhäupter der Ewe in die deutsche Bürokratie führte dazu, dass die Kolonie Togo als einzige ohne eine deutsche Schutztruppe auskam. Da das reiche Hinterland jenseits der Küstenlinie nur mühsam und unvollständig erschlossen werden konnte, lässt sich in diesem Fall nur von "Inseln kolonialer Herrschaft" sprechen. Diese waren jedoch trotz oder vielleicht auch gerade wegen ihrer Inselhaftigkeit teilweise Orte großer Gewalt. Zur Befriedung wurde ab 1900 eine Polizeitruppe eingesetzt, die aus rund 250 Afrikanern - meist freigekaufte Sklaven und Kriminelle - bestand.

Gerade da nur wenige deutsche Kolonialisten und kein Militär vor Ort waren, setzte man auf das Prinzip der Abschreckung durch eine brutale Behandlung der Bevölkerung. Darüber hinaus gab es eine alltägliche Gewalt, die sich in Demütigungen genauso wie im selbstverständlichen Vollzug der Prügelstrafe zeigte. Ebenso waren alle Togolesen gezwungen, mehrere Tage im Jahr Zwangsarbeit beim Bau von Eisenbahnanlagen und anderen kolonialen Bauprojekten zu leisten.

Über die wirtschaftliche Ausbeutung hinaus, wurde ab 1908 die deutsche Kolonie Togo zum Großlabor. So wurde 1909 ein Schlafkrankheitslager auf dem Berg Kluto errichtet, in welchem von deutschen Ärzten und Ärztinnen Experimente mit mitunter zum Tode führenden Impfstoffen durchgeführt wurden. Die einheimische Bevölkerung suchte sich der schlechten Unterbringung und der schmerzhaften Behandlung mit arsenhaltigen Mitteln zu entziehen, was immer wieder zu Polizeieinsätzen führte.

Fälle solch brutaler Ausbeutung aber auch das generelle Verhalten der Kolonialbeamten, die zu Gewaltexzessen neigten und die überdies togolesische Mädchen und Frauen sexuell ausbeuteten, führten zu einem Erstarken des Widerstands gegen die Kolonialherren in den letzten Jahren der Kolonie.

Unmittelbar nach Beginn des Ersten Weltkriegs, am 25. August 1914, kapitulierte Togo als erste deutsche Kolonie gegenüber der Übermacht der alliierten Truppen.

Text: Dr. Hanno Balz, Historiker, in Abstimmung mit der Landeszentrale für politische Bildung und dem Senator für Kultur