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Otavistraße

Die Otavi-Region im Norden der Kolonie Deutsch-Südwestafrika ist bis heute eine wichtige Bergbauregion, in der vor allem Kupfer abgebaut wird. Während der deutschen Kolonialzeit war sie durch eine Geschichte gewaltsamer und illegaler Annexionen geprägt.

Nach Einrichtung eines deutschen "Schutzgebiets" begann eine planmäßige Erkundung der Erzlagerstätten bei Tsuneb, welches sich bald zu einer Bergarbeiterstadt entwickelte. 1893 erhielt die deutsch-britische South West African Company die Minenrechte über diese Fundstätten und im Jahr 1899 begann die planmäßige Erschließung der Bergwerke. Als zentrales Problem für die Ausbeutung der Ressourcen stellten sich die langen Transportwege dar, so dass nach Gründung der deutsch-britischen Otavi-Minen- und Eisenbahn-Gesellschaft im Jahr 1900 (bis 2008 als Otavi Minen AG aktiv) mit dem Bau der sogenannten Otavibahn begonnen wurde. Diese Eisenbahnlinie führte mitten durch das Siedlungs- und Weidegebiet der lokalen Bevölkerung der Herero und sollte die Otavi-Kupfermine mit dem Hafen in Swakopmund an der Atlantikküste verbinden. Die als Privatbahn errichtete Otavibahn wurde von der deutschen Kolonialverwaltung 1910 aufgekauft.

Wie auch an den meisten anderen Orten der Siedlerkolonie Deutsch-Südwestafrika "erwarb" das Deutsche Reich das Land in der Region Otavi ohne die rechtmäßige Zustimmung der Besitzer. So schrieb Hendrik Witbooi, einflussreicher Politiker und Kaptein des Volks der Nama: "Ich selbst habe keinem Weißen erlaubt, Kupfer zu suchen". In der Folgezeit entwickelte sich ein breiter antikolonialer Widerstand gegen diesen Landraub, der jedoch in der Geschichtsschreibung meist nur am Rande erwähnt wird.

Der Bau der Otavibahn, zu dem die lokale Bevölkerung der Herero und Ovambo zu Zwangsarbeit eingeteilt wurde, war einer der Gründe für den 1904 beginnenden Hereroaufstand. Nach der Niederschlagung des Aufstands und dem deutschen Genozid an den Herero und Name wurde die Eisenbahn-Strecke 1906 fertiggestellt, was dem Abbau und Export von Kupfer nach Europa einen enormen Aufschwung brachte. In der Folgezeit wurden neben afrikanischen und europäischen Kontraktarbeitern auch Zwangsarbeiter zur Bewirtschaftung des Bergwerkes in Tsumeb eingesetzt.

Die genozidale Landnahme in Otavi war am Ende die Voraussetzung für die Versorgung der Infrastrukturen der europäischen Kolonialmächte mit Kupfer aus Tsumeb.

Text: Dr. Hanno Balz, Historiker, in Abstimmung mit der Landeszentrale für politische Bildung und dem Senator für Kultur